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ARRIVO BERLIN

Newsmeldung

30.09.2021

Im Dschungel der Paragrafen

Chrstian Lüder spricht bei der Fortbildung
Bild: © BUS gGmbH

Am 29. September organisierte die Technische Koordinierung von ARRIVO BERLIN im Neuköllner Tagungsraum „Liane“ eine ganztägige Fortbildung namens „Das Migrationspaket in der Praxis“ zu den Grundlagen des Asyl- und Aufenthaltsrechts. Zahlreiche Mitarbeitende der zehn Teilprojekte von ARRIVO BERLIN nutzten die Gelegenheit, ihre fachlichen Kenntnisse zu vertiefen und die Bedeutung der aktuellen Rechtslage für ihre praktische Arbeit zu beleuchten. Das Seminar leitete der Mitbegründer von BERLIN HILFT! e.V., Christian Lüder.

Wer beruflich mit Menschen mit Fluchthintergrund berät und begleitet, sollte stets über aktuelle Asyl- und Aufenthaltsgesetze informiert sein. Mit dem Migrationspaket 2019 wurden neun Gesetze und eine Verordnung verabschiedet, die unter anderem die Beschäftigung und Ausbildung geflüchteter Menschen betreffen. Insgesamt seien in den vergangenen sechs Jahren 38 Gesetzesänderungen in diesem Bereich vorgenommen worden, erläuterte Christian Lüder.

Asylverfahren, Aufenthaltstitel, Identitätsprüfung

Bei der Fortbildung ging es insbesondere um die Auswirkung der Gesetzesveränderungen auf die alltägliche Beratungs- und Unterstützungsarbeit der ARRIVO BERLIN Teilprojekte. Zunächst erläuterte Lüder den Ablauf des Asylverfahrens, unterschiedliche Schutzformen und Aufenthaltstitel sowie die sich daraus ergebenden Zugangsmöglichkeiten zum Arbeitsmarkt. Im Rahmen dessen wurde, zum Beispiel, den Unterschied zwischen Erwerbserlaubnis, Beschäftigungserlaubnis ohne Beschränkung und Beschäftigungserlaubnis für einen konkreten Arbeitsplatz erläutert.

Im Mittelpunkt stand danach der Status der Duldung als vorübergehende Aussetzung der Abschiebung von ausreisepflichtigen Personen. Dabei ging es unter anderem um die „Duldung light“, um die Unterschiede zwischen Ausbildungsduldung und Beschäftigungsduldung und um eine Vielzahl von Paragrafen, die Voraussetzungen, Besonderheiten und Ausnahmen regeln. Intensiv beleuchtet wurden zudem die Mitwirkungspflichten zur Identitätsklärung für Menschen im Asylverfahren und die Konsequenzen einer ungeklärten Identität.

Paragrafendeutsch und Einzelfälle

Vorrangprüfung, Sperrwirkung, Glaubhaftmachung, Rückpriorisierung – das Paragrafendeutsch in den Gesetzestexten führte bei den Teilnehmenden nicht selten zu Verwirrung, die Seminarleiter Lüder jedoch meist wieder zu entwirren wusste. Deutlich wurde dabei vor allen Dingen, dass jeder Fall im Einzelnen betrachtet werden muss und es immer wieder auch Ermessensspielräume für behördliche Entscheidungen gibt. So besteht beispielsweise einen Anspruch auf Ausbildungsduldung wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind und die Identität des Geflüchteten geklärt ist. Aber auch bei ungeklärter Identität kann eine Ausbildungsduldung erteilt werden, wenn zuvor „alle erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen zur Identitätsklärung“ ergriffen wurden.

Auf Wunsch der Teilnehmenden ging Lüder am Ende der rund sechsstündigen Fortbildung auf die aktuelle Situation in Afghanistan nach der Machtübernahme der Taliban ein. Hintergrund sind Anfragen und Unsicherheiten seitens den Teilnehmenden, mit denen die  Berater_innen der Teilprojekte immer wieder konfrontiert werden. Auch hier wurde schnell deutlich, dass Vieles noch im Werden ist und es momentan auf den Einzelfall ankommt. Einzelfälle im Allgemeinen können in der zweiten Fortbildung der Technischen Koordinierung von ARRIVO BERLIN unter dem Titel „Das Aufenthaltsrecht und das Migrationspaket – praxisbezogene Fallbesprechungen“ in der nächsten Woche ausführlich besprochen werden.

RP

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